Teil 2:Blitz. Zu Walpurgis beziehungsweise zu Johanni wurden in den Ställen Büschel mit Brennnesseln zum Schutz des Viehs vor dem Bösen aufgehängt. Butterfässer wurden mit Brennnesseln geschlagen und Brennnessel in Milch gelegt sorgte dafür, dass die Milch nicht so schnell sauer wurde. Brennnesselgemüse zu Gründonnerstag soll vor Geldmangel und Krankheit schützen. Die heute in ländlichen Gebieten noch übliche Gründonnerstagssuppe enthält neunerlei Kräuter. Wobei die Brennnessel neben Gierch und Löwenzahn ein fester Bestandteil ist.

Sich mit Brennnesselbuschen auf Rücken und nackte Schenkel zu schlagen, war im Mittelalter eine Form der Selbstgeißelung zur Austreibung von Krankheit im Geist und Körper. Da diese Urtikation jedoch die Durchblutung anregt, steigert sie die Libido. Das führte zu einem Verbot der Brennnesseln, speziell zum Verzehr, für die Mönche des Mittelalters. Das Hinterteil von Kühen und Stuten, die nicht trächtig wurden, rieb man mit Brennnesseln ein. Das Sprichwort „Sich in die Nesseln setzen“ bedeutet unangenehm auffallen, sich blamieren und spielt auf die Wirkung der Pflanze an.

Für den griechischen Dichter Ovid waren die Samen das beste Aphrodisiakum. Hippokrates und Otto Brunsfeld empfahlen Nesseln zur Anregung der Menstruation und zur Steigerung der Fruchtbarkeit: „Nesseln gestoßen mit Myrrhen und Zäpflein daraus gemacht … bringen den Frauen ihre Blumen.“

Hildegard von Bingens Rezept gegen die Vergesslichkeit: „Ein Mensch, der gegen seinen Willen vergesslich ist, nehme Brennnessel und drücke den Saft aus und füge etwas Olivenöl hinzu und wenn er schlafen geht, salbe er damit seine Brust und die Schläfen und dies tue er oft, und die Vergesslichkeit in ihm wird gemindert sein.“

Die Brennnessel ist eine Pflanze, die nicht nur auf-, sondern vor allem anregt, und zwar den Stoffwechsel. Verantwortlich dafür sind ihre Inhaltsstoffe, wie Kieselsäure, Eisen, Mangan, Kalium, Calcium, Vitamin A, B2, B5, C, E und K, Flavonoide, Gerbstoffe, Ameisen- und Essigsäure, Phenolcarbonsäure, ungesättigte Fettsäuren, Chlorophyll. In den Wurzeln finden sich u.a. Gerbstoffe, Phytosterole, Polysaccharide, Insolektine und Lignane. In den Brennhaaren biogene Amine und in den Früchten fette Öle, davon 80% Linolsäure, Vitamin E und Phytohormone.

Durch die stoffwechselanregenden, harntreibende, entwässernde, harnsäureausleitende und entzündungshemmende Wirkung erweist sich die Brennnessel bei Problemen der ableitenden Harnweg, bei Hautproblemen, bei Rheuma, Gicht und steifen Gelenken als sehr wertvoll. Die Brennnessel fördert die Milchbildung und ist fixer Bestandteil der meisten Stilltees. Die hohe Bioverfügbarkeit des pflanzlich gebundenen Eisens macht die Brennnessel zu einem der wichtigsten Eisenlieferanten. Sie ist eine sehr wertvolle Frauenheilpflanze und findet bei Blässe, Erschöpfung, Müdigkeit, Blutarmut sowie nach Blutverlust durch starke Monatsblutungen oder infolge der Geburt Einsatz.
Kraut uns Samen schenken Vitalität und Kraft und werden als Stärkungsmittel und Tonikum verwendet. Die Wurzel wird vorwiegend bei Blasenentleerungsstörungen und Reizblase eingesetzt. Sie erweist sich des Weiteren im Anfangsstadium der Prostatahyperplasie als effektiv.

Die Brennnessel ist eine wertvolle Futterpflanze für zahlreiche Raupen. Für die vier Nesselfalter –
Tagpfauenauge, Landkärtchen, Admiral und Kleiner Fuchs – ist sie sogar die einzige Nahrungsquelle.
Brennnesseln fördern die Entwicklung anderer Pflanzen und verstärken das Aroma ihrer Nachbarn. Brennnesseljauche ist ein wunderbarer Biodünger, Brennnesselsud erhöht die Widerstandskraft gegen Schädlings- und Pilzbefall.